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Willie's Blog: Zurück in Tembak (23 März 2014)

Willie's Blog: Zurück in Tembak (23 März 2014)


Es gibt aber auch kleine, gute Dinge, von Menschen, die hier helfen wollen, zu berichten. Es sind nicht immer die großen, spektakulären Aktionen. Manchmal hilft es, wenn nur ein paar Steine für den Strassenbau gesponsert werden, um die Hoffnung aufrecht zu halten. - Jedes kleine Bisschen hilft!


Das Wasser fließt immer noch hinter pak Nayau’s Haus, auch wenn es nicht mehr so laut ist wie sonst. Die LED Lampen von Philips leuchten immer noch, aber nur noch mit einem lustlosen Schein. Die Dajak haben gelernt, dass diese Lampen die einzigen sind, die mit den ständigen Spannungsspitzen in der Elektrizität klarkommen. Die Kapazität der Wasserkraft-angetriebenen Elektrizitätsversorgung ist geringer als ich jemals zuvor bei den vielen Besuchen gesehen habe und ich bemerke, hier um 4 Uhr morgens auf der Terrasse von Nayau, dass nur ein paar wenige Lichter im Dorf brennen. Es gab seit einer langen Zeit keinen Regen. Viele Orte, zu denen keine Straße führt, können nicht mehr mit dem Boot erreicht werden, da die Flüsse so wenig Wasser führen. Die Flüsse selbst sind schwerer zu passieren, wegen der sich verändernden Sand- und Schlammbänke, die überall in den Flüssen auftauchen wegen der Erosion in den Palmöl-Plantagen und den zerstörten Flussufern, die illegale Goldsucher mit ihrer großen Ausrüstung in die einst kristallklaren Flüsse, die wimmelnd voll mit Fischen waren, gewaschen haben. Jetzt sieht der Kapuas-Fluss eher wie ein Abwasserkanal ohne jegliche Fische aus! Und wegen der Trockenheit ragen tote Baumstrünke und Äste aus dem Schlammgrund heraus und machen die Versuche mit den schwachen Paddelbooten oder den Fiberglas-Schnellbooten noch viel gefährlicher für die wenigen Verzweifelten, die ihre geliebten Menschen ins Krankenhaus bringen müssen aus Gegenden, in denen es immer noch keine Straßen oder Gesundheitseinrichtungen gibt.

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Wasserkraftwerk in Tembak
 
Letzte Nacht erzählte mir mein Freund Apui, Bewahrer der Traditionen in Tembak, mit Tränen in den Augen, dass es dieses Jahr kein Erntefest geben wird. Zum ersten Mal in 65 Jahren ist die gesamte Ernte hinüber! Keinerlei Reis! Und das Abflussrohr, durch welches das reichliche Wasser floss, um die Wasserräder für den Dynamo anzutreiben, der so viele Familien hier in Tembak mit Elektrizität versorgt, wurde nun ersetzt durch das Endstück einer Bierflasche, damit sich das Wasserrad zumindest dreht. Obwohl die Geschwindigkeit des Wasserrades dadurch soweit aufrechterhalten werden kann, dass die elektrische Spannung bleibt, entsteht dadurch nur ein geringer Strom-Output, was die Dunkelheit erklärt, die ich jetzt im Dorf wahrnehme. Apui und andere haben letzte Nacht auch darüber nachgedacht, was ihnen ihre Väter und Großväter erzählten und sie kamen zu dem Schluss, dass es in den letzten 140 Jahren noch nie zu so einem Ernteausfall gekommen ist!
 
Die Hähne krähen, die Sonne wird aufgehen und das Dorf wird erwachen mit den Stimmen der Kinder und den ersten Motorrädern, mit denen die Kautschuk-Zapfer zu ihren Feldern fahren. Und dann werden meine Gäste aus den Niederlanden aufwachen und wird werden losgehen um die Wasserkraft-Installation zu sehen, die Apui initiierte und die von den Dorfbewohnern selbst designt, erbaut und an einen alten Dynamo und einfache, lokal verfügbare Materialien angepasst wurde. Wir verfassten ein Angebot für einen Wasserkraft-Experten, um zu sehen, ob wir den Energie-Output vom bestehenden Wasserbestand verbessern können. Es scheint, dass wir es mehr denn je brauchen, jetzt, wo der Klimawandel auch das Herz von Borneo erreicht…
 
In der Nacht wird der Wasserdurchfluss stärker, am Tag ist es weniger, besonders an sonnigen Tagen. Es ist nett Die Evapotranspiration (Verdunstung und Transpiration) des Waldes wirklich zu messen, die das Wasser langsam freisetzt und die Dörfer vor Überflutungen schützt! Und all das nur mit Ampere und Voltmeter!
 
Aber die Dürre ist ernst und während ich meinen wissenschaftlichen Gedanken und kleinen „Heureka“-Momenten nachhänge, kehre ich bald wieder zurück zu der enormen Auswirkung, die die Dürre hat und die viel größere Lösungen für die Menschen und die Natur hier benötigt. Ich denke daran wie Apui uns letzte Nacht weiter erzählte, dass er in seinen 64 Jahren zu dieser Jahreszeit noch nie eine Dürre erlebt hat. Und auch sein Vater und Großvater nicht! Es wird mir nun völlig klar, dass diese Dürre hier im Inneren Borneos beispiellos ist. Der satte Regenniederschlag, wie ich aus den Daten über einen Zeitraum von 40 Jahren des kürzlich verstorbenen Bruder Joep, einem Missionar aus Sintang, sah, kommt nun herunter in viel unregelmäßigeren und intensiveren Schauern.
 
Pater Jacques, der die Messungen fortführt, erzählte mir, dass nach einer lange Dürre, gerade vorgestern während der Nacht, es den ersten richtigen Regen gab und au der Stelle gab es 100 mm Niederschlag in ein paar Stunden! Das erklärt, dass wir, während wir über dem Äquator und Indonesiens längstem Fluss, dem Kapuas, flogen, der Kapuas unter uns wie eine schlammige, gelbe Schlange sich seinen Weg schlängelte zwischen den riesigen Sandhaufen, wo tausende von Goldsuchern, wie bei legendären Goldrausch des amerikanischen Westens, sich immer tiefer in den umgebenden Wald mit ihren lärmenden Pumpen begeben, um nach dem wertvollen gelben Material zu suchen. Und das Quecksilber… Vor kurzen wurde in einem Artikel in der Zeitschrift Science der Kapuas-Fluss an die fünfte Stelle der am meisten verschmutzten Orte der Welt gesetzt! Dazu kommen noch die Fungizide, Pestizide, Herbizide, Rodentizide und die Dünger aus fossilem Erdöl von dem was aus den Palmöl-Plantagen heraus rinnt und sickert, und man wird den Ärger der Dajak wegen des Verlustes an Fischen verstehen. Nur ein paar wenige haben schon den Zusammenhang bemerkt zwischen dem Flusswasser und Verschlechterung der Gesundheit der Menschen die entlang dieser verunreinigten Flüsse leben. Bereits vor wenigen Jahren bekam ich einen Bericht, der nie publiziert wurde und mir wurde gesagt, dass ich ihn vertraulich behandeln solle…

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Jetzt wird es mit jedem Tag deutlicher. Ich glaube ernsthaft, dass der Klimawandel das Innere Borneos erreicht hat, und sogar hier den Jahreszeiten ein Ende macht, auf welche die lokalen Menschen es gewohnt waren ihren traditionellen Brandrodungsanbau auszurichten. Und nun sehen sich diejenigen ohne Geld und deren Leben für tausende von Jahren vom Wald abhing damit konfrontiert, dass sie verhungern können. Noch nicht, aber Apuis Augen schauen in die Ferne und glänzen. Er kann weit in die Zukunft sehen, denn er kennt die Vergangenheit. Ich weiß, es ist sehr ernst…
 
Und die Illipé-Nussbäume blühen. Jeder einzelne! Überall! Noch nie zuvor in der Geschichte der Dajak haben sie im März geblüht! Noch nie gab es eine Fruchtsaison im August/September! Und die Durian-Bäume blühen auch. Es besteht das Risiko, dass beide Ernten ausfallen, wenn das passiert. Ein weiterer Fall von Allelopathie, den ich noch nicht kenne? Allelopathie beschreibt die negative Auswirkung, die zwei Organismen aufeinander haben können, wie euch auch jeder Bauer erzählen kann, dass man einen Avocado-Baum nicht neben einen Limonen-Baum setzen soll, wenn man überhaupt mal gute Limonen ernten will. Werden diese Bäume die Früchte tragen und die Reserven an wertvollem und gesundem Fett für die Menschen und ihre Tiere bereitstellen? Sicher hat Apui recht, wir sollten und Sorgen machen…
 
In der Tat sind wir hier wegen der Illipé-Nussbäume und wegen der Zuckerpalmen. Wir, das bedeutet Pater Jacques und ich selbst zusammen mit einer Gruppe von Menschen, die unsere Arbeit hier mit den Dajaks für den Regenwald und die Orang-Utans unterstützen. Nach der langen und deprimierenden Reise durch die niemals enden wollenden Palmöl-Plantagen von Balikpapan zum Dorf Tembak, kamen wir gerade rechtzeitig an, um die nahe gelegene Illipé-Nuss-Fabrik, die gebaut wird, zu besuchen und um den Bau-Fortschritt zu besprechen. Und mit all dem was ich sah und hörte, spüre ich, dass keine Zeit dafür bleibt lange zu schlafen, trotz des langen Tages, der hinter uns liegt. Ich schlüpfte also unter dem Moskitonetz, das ich mit Pater Jacques in Nayau‘s Haus teile, hervor, nach ein paar Stunden mit ruhelosen Träumen, damit ich die Informationen von Gestern verarbeiten und diesen Blog für Euch schreiben kann.

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Immer weiter expandierende Palmöl-Plantagen

Ich habe an anderer viel mehr über die Illipé-Nussbäume geschrieben, aber ich gebe hier noch mal einen kurzen Abriss über diese speziellen Bäume. Sie sind riesige Dschungelbäume, die man an vielen Orten nahe bei den Flüssen auf Borneo findet. Alle 4 oder 5 Jahre, normalerweise in einem El Niño Jahr, gibt es eine große Ernte an fetthaltigen Früchten. Die Dajak haben davon in früheren Zeiten den ehemals berühmten Borneo-Talg gemacht. Sie kochen damit, essen ihn in  Hungersnöten, nutzen ihn für Kerzen und als Medizin, und verkaufen ihn während der reichen Blütezeiten an die Fabriken im weit entfernten Pontianak durch etliche Mittelmänner. Das Fett ist gesund, hat einen hohen Schmelzpunkt und kann für Kosmetika oder als Kakaobutter-Ersatz verwendet werden. Sehr wertvoll… aber der wirkliche Wert hat die Dajak, die die Bäume besitzen und die Früchte sammeln nie erreicht. Und genau das wollen wir ändern! Wir bauen nun also hier in Tembak die wohl erste Minifabrik für Illipé-Nüsse in einem Dorf, um das herum diese Dschungelbäume immer noch in großer Zahl wachsen.

Später, wenn die Fabrik erfolgreich das Einkommen der lokalen Menschen verbessert hat, werden wir auch spezielle Illipé-Nuss-Setzlinge einbringen, aus denen Bäume wachsen, die die wertvollen Nüssen bereits 7 Jahre nach der Anpflanzung produzieren können und die die Nüsse jedes Jahr produzieren. Diese stabile Produktion wird das reguläre Einkommen von den Nüssen noch wertvoller machen und das wird im Gegenzug dazu führen, dass der Illipé-Nusswald noch schützenswerter wird und teurer für die Palmölfirmen, die versuchen ich zu kaufen. Und das führt dann hoffentlich auch zu einer sicheren Umwelt für die Orang-Utans, die wir in die traditionellen Dajak-Wälder freilassen.

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Illipé-Nüsse
 
Gestern war die Reise nach Tembak schlammig aber immer noch ganz gut, dank der Spende meines Freundes Willy aus Holland, der es den Dajak ermöglichte, selbst Steine zu kaufen, um die tiefen Schlaglöcher auf den letzten Kilometern der Straße von den Palmöl-Plantagen zum Dorf aufzufüllen. Willy ist ein Straßenbau-Experte und wie er meint, gibt es keinen Grund dafür, dass die Straße in so einem schlechten Zustand ist. Aber die einzigen guten Straßen sind die in die Palmöl-Plantagen und das ist im Prinzip das einzige Versprechen, das die Palmöl-Firmen machen, dass sie eine Straße zu den abgelegenen Dörfern anlegen werden. Dies ist natürlich ein Versprechen, das von allen politischen Kandidaten gemacht wird, die sich nur dann in den Dajak-Dörfern zeigen, wenn Wahlen anstehen, um Stimmen zu kaufen. Und die Dajak lieben es jetzt Motorräder zu fahren, und haben Handys und gehen in die Städte. Straßen sind also wichtig und werden das Hauptargument für die Firmen, um die lokale Bevölkerung davon zu überzeugen, dass sie ihr Land und ihre Zukunft aufgeben
 
Mein guter Freund Pater Jacques, der frühere holländische Missionar in Sintang, der fast ein halbes Jahrhundert zwischen den Dajak im Inneren von West-Kalimantan verbracht hat, hat aus erster Hand die Veränderungen gesehen, die die sogenannte moderne Entwicklung mit sich brachte. Und er sieht das Ganze durchaus vom Boden der Tatsachen aus. „Natürlich wollen die Dajak die modernen Dinge! In den Dörfern gibt es keine Arbeit, in den Schulen lernen sie, dass sie primitiv sind und das moderne Leben mit seinen augenblicklichen Belohnungen ist einfach zu attraktiv!“ Und er erzählt mir von der düsteren Statistik, dass 90% der jungen Dajak, die in die Stadt Sintang zum Studieren kommen ihr Studium bereits nach einem Jahr wieder abbrechen! Dass Drogen und Alkohol ihren Weg gefunden haben zu der jungen Generation. Und er stellt traurig fest, dass die jungen Dajak ihre Eltern dazu drängen, ihr Land zu verkaufen, damit sie sich (auf Kredit!) Motorräder kaufen können und so das moderne Leben genießen können…
 
Wir können also den Verlust des Waldes nicht komplett diesen enormen Palmöl-Firmen und den gierigen Außenseitern in die Schuhe schieben. Sicherlich ändern sich die Zeiten und die Menschen mit ihnen. Aber die Kosten sind so furchtbar hoch! Für einen Umweltschützer wie mich, der ich hier seit etwa 35 Jahren arbeite und viele der Veränderungen gesehen habe, die Pater Jacques anmerkte, ist der Preis, den jeder in der Welt bezahlt für diese Veränderungen einfach viel zu hoch! Die weltweit am schlimmsten verschmutzten Flüsse, die Konflikte unter den Dajak selbst, der Klimawandel und die fehlenden Ernten, und diese Dinge sind nur der Anfang!

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Pater Jacques
 
Vor weniger als 20 Jahren versammelten sich die Dajaks aus dem Inneren Borneos, um ihre Situation zu besprechen und sie entschieden, dass sie sich von den Eindringlingen hintergangen fühlten, v.a. von den Menschen aus Madura, die zum Blitzableiter wurden für die vielen Jahre an Frustration. Der Blutdurst griff um sich und ein paar Monate später hatten alle Maduresen das Dajak-Land verlassen und etwa 3000 Maduresen-Köpfe waren abgeschnitten. Nun erfüllt das gleiche Gefühl der Verzweiflung die Luft. Im Jahr 1998 wurde die große Einkommens-Ungerechtigkeit und der Korruption beim politischen System, das diese Situation bestärkte, kam es zu einem Zusammenstoß auch mit den nicht so Begüterten und hier und da wurde die reichere chinesische Gemeinschaft das Ziel der Massen, um ihrem Ärger Luft zu machen und die Verzweiflung führte wieder zu Gräueltaten.
 
Da wir so viel Zeit hier mit den Dajak verbringen, sehen Pater Jacques und ich hier im Inneren wieder die gefährlichen Anzeichen. Diese drei Statuen, die Pater Jacques gebeten wurde auf seinem Altar zu stellen während des Massengottesdienstes im Freien unter den Bäumen, sagen vermutlich mehr, als alle Worte, die ich hier auf das digitale Papier bringen kann.

Zu mir sprechen sie: Wir Dajak werden nicht mehr länger sprechen und unsere Stimmen werden nicht gehört; alles was uns bleibt ist die Hoffnung, dass unsere Kinder mit unserer Unterstützung überleben können, aber sie sind zornig…
 
Und die lokalen Menschen stellen sich gerade überall den Palmöl-Firmen entgegen. Tausende von Konfliktherden gibt es bereits nahezu überall in Papua, Sumatra und Kalimantan. Menschen werden in den Rücken geschossen, die Firmen-Camps angezündet, so viele Dajak ins Gefängnis geschmissen, Barrikaden errichtet, etc. Aber die Firmen sind stark, da sie die Offiziellen bestechen können, die sie darin unterstützen, ihre eigenen Leute zu betrügen. Die verbliebenen Dajak-Gemeinschaften die immer noch dem traditionellen Weg folgen möchten, können sich an niemanden um Hilfe wenden. Und das macht mich genauso zornig wie sie. Wenn sie die Firmen nicht besiegen könne, was mag dann passieren? Vielleicht sind dann die industrielleren Transmigranten, die nette Häuser bauen, Reisfelder anlegen, und legal das Land der Dajak kaufen und Stück für Stück wegnehmen ein leichteres Ziel? Ich weiß es nicht, aber was ich weiß ist, dass diese Situation nicht gut ist und dass die traditionellen Dajak Hilfe brauchen. Und ich möchte gerne helfen.
 
Welche Hilfe können wir ihnen also geben? Wir müssen wirklich nachhaltige Alternativen anbieten, die eine Infrastruktur und moderne Einrichtungen in die Dörfer selbst bringen können, während sie die kulturellen und sozialen Strukturen erhalten. Und genau das ist es, was wir hier bei Masarang versuchen zu tun, in Kooperation mit lokalen Organisationen wie Pater Jacques Kobus-Foundation und der Katholischen Kirche. Wir versuchen dies mit Hilfe der Zuckerpalme, der Illipé-Nussbäume, durch Biokohle um Dünger zu ersetzen, indem wir nicht-Holz-Produkten einen Wert geben wie Harz und medizinische Pflanzen, indem wir integrierte Lösungen für die Infrastruktur, Gesundheit, Bildung und Nahrungssicherheit bringen durch Technologien wie den Village Hub.
 
In der Zwischenzeit ist wieder ein Tag vergangen, als ich mit diesem Blog weitermache. Wir sind zurück in Sintang nach einem Tag in Tembak und Umgebung, v.a. dem Dorf Spauk, das für Jahre Narben auf meinem Herzen hinterlassen wird… Lasst mich  die Ereignisse des heutigen Tages aufgreifen.
 
Nachdem ich meinen Blog frühmorgens begonnen habe, wacht einer nach dem anderen auf. Pater Jacques, mit dem ich das Zimmer und das Moskitonetz teile, leistet mir Gesellschaft bei immer so wichtigen Morgenkaffee, den wir normalerweise morgens um 6 Uhr auch in der Kobus Foundation trinken. Die Gäste aus den Niederlanden frühstücken mit uns, nach der gestrigen Diskussion über die Projekte rund um die Illipé-Nuss und die Zuckerpalmen als Alternativen um den Dajak vor Ort ein Einkommen aus ihren natürlichen Wäldern zu erhalten.
 
Wir gehen los, um das neue Langhaus zu sehen, dann spazieren wir den medizinischen Pflanzengarten von Apui entlang, und dann hinauf zum Mini-Wasserkraftwerk, das die Leute aus Tembak selbstständig gebaut haben. Wir haben den verringerten Wasserdurchfluss bemerkt und wir fanden viele phantastische Pilze! Das ist eine wirkliche Belohnung für jemanden wie mich, der in der Vergangenheit so viel mit Pilzen gearbeitet hat. Sicherlich hängt ihr Vorhandensein mit der Blüte der so häufig vorkommenden Illipé-Nussbäume zusammen. Die Blüte scheint eine Flut von Kohlehydraten im Baumsystem freizusetzen, das auch der symbiotischen Ektomykorrhiza (Pilze, die den Wurzeln bei der Aufnahme von Wasser und Nährstoffen im Austausch gegen Zucker helfen) zu Gute kommt.
 
Dann kommen wir an der Orang-Utan Klinik vorbei, die fast fertig ist für die anstehende Freilassung im April und dann gehen wir zurück zum Haus von Nayau von wo aus uns die Autos zum zweiten großen Stammestreffen im Dorf Spauk bringen werden, westlich vom Saran-Wald, den wir zusammen mit dem Stamm der Seberuang-Dajak schützen wollen. Glücklicherweise kein Regen, sonst wäre es nicht möglich gewesen, recht weit zu kommen. Nachdem wir am Dorf Sungai Bulu vorbeigefahren sind, kommen wir plötzlich in ein Katastrophen-Gebiet! Di DNS Palmöl-Firma! Was für eine Verwüstung, welche Trostlosigkeit! Gigantische tote Bäume überall, große Mengen an Holz liegt herum und die oberste Humusschicht wird von den Bulldozern weggekratzt, die Terrassen bilden an oftmals steilen Hängen wo es ihnen noch nicht mal erlaubt ist Ölpalmen anzupflanzen! Und wir machen viele eindrucksvolle Bilder, die zeigen, dass sie den ursprünglichen Regenwald niederholzen! Dies ist einfach ein Verbrechen! Ich habe keine anderen Worte dafür. Lasst nur die Bilder für sich sprechen…

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Wir kommen zu einem sehr steilen und matschigen Hang, an dessen Fuß die Verbindung zur Straße hügelaufwärts verloren ging. Als wir anhielten, scheint auf fast magische Art und Weise eine Horde von Motorradfahrern aus dem Nichts zu kommen und wir setzen uns alle zu den geschicktesten Motorradfahrern der Gegend! Wir erleben wirklich eindrucksvolle Vorstellungen, wie diese Motorräder selbst die steilsten Hänge hinauffahren, die schmalsten Pfade meistern, bis wir letztendlich im Dorf Spauk sind und zur Kirche gehen, wo nebenan ein improvisiertes Langhaus errichtet wurde. Innen drin finden Vorträge statt, durch die Kirche, Redner und lokale Führer. Wir bekommen zuerst etwas zu essen und nehmen dann am Treffen teil.
 
Bevor ich dran bin mit meiner Rede (wir wurden formell eingeladen, damit uns niemand später vorwerfen kann, dass wir einfach zum Meeting gegangen sind, da die Polizei bereits von unserer Anwesenheit hier weiß und ein Polizeiauto unserem Auto durch die Palmöl-Plantagen nachgefahren ist) Ich höre der traurigen Realität die diese Menschen einander erzählen zu. Jeder weiß wie ernst die Lage ist, aber keiner scheint zu wissen, wie man die Politiker dazu bringt, ihr Versprechen zu halten oder wie sie es schaffen können, dass ihre Rechte anerkannt werden. Die Anwälte erklären, dass es die entsprechenden Gesetze gibt, aber um sie umzusetzen braucht es Schritte und bei jedem Schritt erklärt man den Dajak dass die Bürokratie immer noch „fleißig beschäftigt“ ist. Fleißig mit dem Ausverkauf beschäftigt…
 
Dann erhebt sich einer der traditionellen Führer und spricht: „Ich höre was ihr alle sagt. Und ich sehe es jeden Tag. Aber was können wir tun? Was kann ich tun? Das einzige, was mir einfällt ist zu Weinen. Alles was ich tun kann ist Weinen!“ Und die meisten von uns müssen sich Tränen aus den Augen wischen… Dann bin ich dran zu reden. Und ich spreche von den Werten der Wälder, aber die kennen sie bereits. Und wie unsere Illipé-Nussfabrik die Dajak in dieser Zeit der Missernten und dem Eindringen von Außenseitern unterstützen kann. Und ich verspreche, den Distrikt Blimbing von pak Tomo, dem jungen Dorfoberen des Dorfes Lawang zu besuchen, wo sie tausende von großen Zuckerpalmen haben und ich verspreche, dass ich unseren Meister-Zapfer von Masarang schicken werde, der ihnen das Zapfen und andere hilfreiche Techniken beibringen wird. Dann bitte ich Pater Jacques zu ihnen zu sprechen und er schafft es, dass es ein paar Lacher gibt. Danach bitte ich unsere Gäste, die uns helfen die Dajak zu unterstützen mit den verschiedenen Projekten, die sie sponsern und sie schaffen es wirklich, etwas Hoffnung in ihre Herzen zu bringen. Freundschaft, unbehindert durch Sprachbarrieren, fließt! Florine, David, Piero, Hans, Dirk-Jan, Alexandra, sie alle sprechen und jeder von ihnen hebt die Stimmung unter den Dajak.
 
Die Versammlung endet mit einer Agenda und einigt sich darauf, dass der Saran-Wald und die Grenzen zwischen all den Dörfern um den Saran-Wald herum kartiert werden. Das kann die Palmöl-Firmen davon abhalten, dass sie Konflikte unter den Stämmen sähen. Agung, der Sohn von Apui sieht zuversichtlich aus! Er wurde trainiert die Kartierungen durchzuführen und wird nun viel schneller vorankommen!
 
Dann fahren wir zurück, wieder auf der Armada von Motorrädern und durch die furchtbar zerstörte Landschaft mit Ölpalmen mit den schlammigen Flüssen, wo die obligatorischen Pufferzonen erhalten blieben, wie es vorgeschrieben ist. Und zurück nach Tembak wo wir etwas essen und dann für weitere 3 Stunden über schlechte Straßen schließlich in Sintang und bei der Kobus-Foundation ankommen. Es gab noch mehr Diskussionen unter uns, wie wir diesen Dajak und den Orang-Utans helfen können und letztendlich unserer Erde. Als wir schließlich ins Bett gingen, verfolgt mich das Bild des weinenden Dajak immer noch…
 
Willie Smits,
23. März 2014
Sintang
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