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Der anhaltende Kampf der Seberuang Dajak um ihren Wald

Der anhaltende Kampf der Seberuang Dajak um ihren Wald

Der anhaltende Kampf der Seberuang Dajak
 
von Dr. Willie Smits
 
Es ist immer noch sehr früh um 3 Uhr morgens, sogar für mich. Die Moscheen und die Hähne haben ihre Anwesenheit noch nicht vermeldet. Aber es ist schwer Schlaf zu finden, nach dem gestrigen Treffen mit Lambung, Nayau, Agung, Surya, Riyanto und anderen wahren Kämpfern aus der Dajak-Gemeinschaft, hier im Inneren von West-Kalimantan, Borneo.
 
Nach dem üblichen logistischen Albtraum vorgestern Abend nach Sintang zu gelangen, und nach solch einem guten Tag mit Dr. Sri und Dr. Victor und allen Orang-Utans hier am Sintang Orangutan Center, traf mich die Wirklichkeit wieder mit voller Härte als ich die neuesten Geschichten vom Kampf des Seberuang-Stammes gegen die Palmöl-Gesellschaften hörte, die ihren wundervollen Wald niederholzen.
 
Manchmal scheint es ein aussichtsloser Kampf zu sein, aber aufgeben ist keine Option. Lasst mich einige der letzten Entwicklungen zusammenfassen. Lambung vom Stamm der Seberuang in Tempunak hat eine offizielle Beschwerde beim RSPO gegen die DSN Gruppe eingereicht, aber sie antworteten, dass er keinen Beweis dafür habe, dass er den Stamm repräsentiere und dass die Firma ihnen einen Beweis gezeigt hätte, dass Gelder an einen Dorfchef bezahlt worden sind – eine lächerlich geringe Summe für Tausende von Acres an wertvollem Wald für ein paar wenige Dollar pro Hektar. Es wäre also legal und Lambung solle mit mehr Beweisen kommen. Für mich ist das der Beweis, das der RSPO-Ansatz irgendwo fehlerhaft ist...
 
Zur selben Zeit veranstaltete der Stamm Treffen mit so vielen Beamten hier und alle liessen Sie im Regen stehen. Sie hatten sogar ein Treffen mit Vertretern der Firmen Kencana Alam Permai und Prima Sawit Andalan der DSN Gruppe und zusammen mit ihrem Seberuang Temenggung, dem regionalen, traditionellen Führer, der das Sagen bei Angelegenheiten in denen die traditionellen Gesetze gebrochen wurden, hat, kam es zu einer Übereinkunft. Sowohl die Dajak als auch die Firmen versprachen, dass sie auf die offizielle Konsultation mit dem Bupati, dem Distrikt-Chef von Sintang, warten würden, der versprochen hatte solch ein Treffen zu unterstützen.
 
Aber trotz ständiger Erinnerungen und Besuchen bei vielen Regierungsstellen, wurde keines der Versprechen gehalten und dann schickten die Firmen die Bulldozer zurück und fingen wieder an mit dem Abholzen, auch wieder in dem wunderschönen Wald, der von den Menschen geschützt wurde und auf Land, auf dem sie keinerlei Rechte hatten. Natürlich wird der RSPO, wenn er nachfragt, von den Firmen hören, dass die Arbeiter, die mit Kettensägen in diese Wälder eindringen nur lokale Einheimische wären. Aber es kommen alle aus der Sambas-Region, einem Gebiet nahe der Küste, das bekannt ist für seine erfahrenen Kettensägen-Arbeiter, die von fast allen Palmöl-Firmen angeheuert werden, um die Drecksarbeit in West-Kalimantan zu machen! Aber die Dajak untermauern ihr Anliegen mit mitgeschnittenen Interviews von verschiedenen Leuten, um so die wirklichen Drahtzieher der Firmen, die hinter der Abholzung stecken, zu enttarnen.
 
Ich hörte wieder mal von so vielen schmutzigen Tricks, die diese Firmen routinemäßig anwenden, dass es mich absolut wütend machte, dass es anscheinend keine Möglichkeit gibt, dass ein Aussenstehender einen wirklichen Umschwung für die lokalen Dajak bewerkstelligen kann, die nach dem Gesetz, sogar dem Grundrecht des Staates Indonesien, Rechte an ihren traditionellen Wäldern haben. Um diese Rechte zu zerstören, muss man ihre Kultur zerstören. Und genau das passiert gerade in großem Stil.
 
Ich habe bereits früher über die Machenschaften, wie die Firmen Durianbäume zu lächerlich hohen Preisen kaufen, berichtet. Aber nicht um sie wegen ihres Holzes, das nichts besonderes ist, zu kaufen, sondern weil diese Bäume in der Vergangenheit gepflanzt wurden, um die Orte der traditionellen Wälder zu markieren. Zuerst wird also der Beweis vernichtet und dann ist es Zeit für die nächste Serie von schmutzigen Tricks.
 
Anschließend bringen sie Familie gegen Familie, Dorf gegen Dorf gegeneinander auf, und dies ist die effektivste Art, die Dajak-Gemeinschaften zu zerstören. Ich sah die Tränen in Agung’s Augen, als er erzählte, er könne mit seinem Onkel nicht mehr reden, weil dieser ihn aufhalten wollte in seinem Aktivismus für die Erhaltung des Saran-Waldes, denn sein Onkel sei nun auf der Seite der Palmöl-Firmen. Dann passiert es sehr oft, dass sie, statt gegen ihre eigenen Brüder zu kämpfen, aufgeben aus Traurigkeit und Frustration und anfangen zu trinken. Die soziale Zerrüttung kann so stark werden, dass sie nicht einmal mehr den Gawai (Erntefest) und andere Zeremonien begehen, die zeigen, dass ihre Traditionen immer noch lebendig sind und gelebt werden. Schlußendlich wird ihnen entweder ihr Land weggenommen, oder sie geben es her für weniger als 50 Dollar pro Hektar, die die Firmen ihnen für “die Pflanzen auf dem Land” bezahlen. Nicht für das Land selbst!!! Nein, denn das würde bedeuten, dass sie die Landrechte anerkennen! Nur das GRTT oder Ganti Rugi Tanam Tumbuh.
 
Surya Suka, ein anderer Dajak-Aktivist aus der Putussibau-Region, nahe an der Grenze zu Malaysia, nahm auch am Treffen teil. Er erzählte, wie die Dorfoberen und die traditionellen Führer seiner Region nach Pontianak, Jakarta und sogar nach Singapur eingeladen wurden, um “Treffen” mit den Palmölfirmen abzuhalten. Dort in der geschäftigen und überwältigenden Stadt, weit weg von den Dorfbewohnern und der sozialen Kontrolle, wurden sie “extrem gut” behandelt und gebeten eine Anwesenheitsliste zu unterschreiben. Aber diese Listen wurden umgewandelt in Zustimmungen, die traditionellen Wälder wegzugeben! Trunken vom Alkohol und von schuldbehafteten Annehmlichkeiten wie Bestechungen und Frauen, waren die Anführer beschämt, als sie wieder nach Hause kamen und ergaben sich in ihr Schicksal. Soweit ich weiss, haben bisher nur die Tempunak Seberuang Dajak diesen Taktiken widerstanden. 
 
Nayau: “Sie kamen und gaben mir ein Ticket nach Jakarta, und ich sagte ihnen, dass ich da selber hin kann wenn ich will, ich habe Geld. Sie kamen mit Wein und Schnaps und ich schüttete es auf den Boden. Ich sagte ihnen, wir als Stamm sind bereits gegen die Barito-Holzfirma des Präsidenten aufgestanden, um sie davon abzuhalten unsere Wälder zu zerstören, warum sollten wir also euch hineinlassen!!”
 
Dann hörte ich die Geschichten wie Sedia, der jüngere Bruder von Nayau, festgenommen und ins Gefängnis geworfen wurde. Er hat sich den Kettensägen-Arbeitern entgegengestellt, die die Bäume auf seinem Land absägten, Land mit wunderschönen Bäumen, die er selbst schützte für die Wasserversorgung! Und wirklich hatte er ihnen verbal gedroht, als sie sich weigerten aufzuhören, und sie rannten weg und er nahm dann ihre Kettensägen und brachte sie zum Temenggung, dem traditionellen Führer der Tempunank-Dajak. Das geschah am 26ten November. Dann, am 27ten und 28ten kamen wieder mehr Kettensägen in seinen Wald! Er ging hin, um sie zu finden und stellte drei weitere Kettensägen-Arbeiter, die intakten Wald niedermähten. Sie weigerten sich wieder zu gehen und in seiner Emotion zog er seine Machete und scheuchte sie aus seinem Wald. Er nahm ihre Kettensägen und warf sie in den Fluss.
 
Dann machte ein Gerücht die Runde, dass Sedia einen der Holzdiebe getötet hätte und sofort kam die Polizei und verhaftete ihn. Die Untersuchung ergab, dass er offensichtlich niemanden tötete, aber es dauerte Wochen und brauchte die direkte Einmischung durch den Bischof von Sintang und Anwälten und viel Überredung aller möglichen Arten von Beamten, um Sedia aus dem Gefängnis zu bekommen. Aber er muss sich immer noch jede Woche bei der Polizei melden!
 
Nach seiner Freilassung kam man überein, dass es ein Abkommen entsprechend dem traditionellen Gesetz der Dajak gebe. Nun, unnötig zu sagen, dass dies nicht passierte und die Bulldozer und Kettensägen wieder zurück sind!! Und nun hat die Firma in einem anderen Dorf ein Haus von einer Person namens Dugis angemietet, der gierig nach dem Geld war, in Lebak Lantang, einem anderen Dorf neben Sungai Bulu, wo sich die Firma an die steilen Hänge mit dem wertvollen Holz heranmacht.
 
In Wirklichkeit ist es nämlich nicht das Land für die Ölpalmen, hinter dem die Firmen her sind, das sich im Übrigen auch nicht für Ölpalmen eignet, sondern das Holz auf dem Land. Die Dajak führen nun eine Untersuchung durch, um herauszufinden, warum die Polizei ihren Berichten über den korrupten Dorfchef (ein Aussenseiter, der in den Stamm einheiratete...), der mit den Palmöl-Firmen unter einer Decke steckt, nicht nachgeht. Sie haben die Beweise, dass eine Malayische Firma darin verstrickt ist und sich ihren Weg mittels Bestechungsgeldern freikauft, um die IPK (Izin Pemanfaatan Kayu, das bedeutet eine Genehmigung, das Abfallholz zu benutzen!) des Holzes auf dem Land, das die Palmölfirma abholzen wird, zu bekommen. Business as usual, oder eher Korruption as usual!
 
In ihrer Frustration, oder besser Verzweiflung, organisierten die Dajak ein großes Stammestreffen im neuen Langhaus in Tembak, dem Herz ihrer Widerstandsbewegung. Etwa 65 traditionelle Führer und Repräsentanten der Stämme rund um den Saran-Kujau Waldkomplex versammelten sich und beratschlagten sich drei ganze Tage lang! Ich kam zu dem Treffen am dritten Tag, um mit ihnen über Alternativen zu den Ölpalmen zu reden und über unsere Pläne eine Tengkawang-Nuss (Illipé-Nuss) Fabrik zu bauen und über die Arbeit die wir hier bereits mit den Zuckerpalmen machen, um ihr Einkommen aus den Wäldern zu erhöhen. Ich schrieb einen extra Blog zur Tengkawang-Fabrik. Hier ist ein Bild von einigen der Gruppe vor dem Tembak Langhaus, als bereits etliche Leute gegangen waren, um den Regen zu vermeiden, der die Strassen zu ihren Dörfern nahezu unpassierbar macht.
 

 
Jetzt, in den letzten Wochen des Januars 2014, mit den Bulldozern, die zurück sind, um den Wald zu zerstören, wurde mir erzählt, dass die Dajak die Schlüssel für die Gerätschaften der Palmölfirmen genommen hätten, so dass die Maschinen wieder einmal mit dem Getöse aufhörten. Beim Treffen der Seberuang Dajak mit Surya Suka hörte ich, dass sie einen anderen, hoch angesehenen Dajak-Kämpfer entlarvt hatten. Es zeigte sich, dass er zwar all die richtigen Dinge sagte, aber dass diese Person auch ein Berater für einige Palmölfirmen war. Mit einem Seufzer sagte Lambung “Wir haben niemanden, dem wir trauen können ausser uns selbst. Keine Regierung hilft uns, keine internationale Gruppe kann diese Umweltverbrechen stoppen. Wirklich alles was uns bleibt ist unser traditionelles Gesetz und unsere Einigkeit. Der Adat, unsere Traditionen, die uns von unseren Vorvätern gegeben wurden, ist alles was wir haben um unsere Zukunft zu sichern!”. Und mit traurigen Augen stimmte jeder am Tisch dem zu...
 
Mir schnürte es den Hals zu und Tränen kamen mir in die Augen. Es gibt so viele Lösungsansätze, so viele Organisationen, aber am Ende können diese tapferen Dajak ihre Wälder wirklich nur selbst retten. So viele erfahrene Gruppen wetteifern um Aufmerksamkeit und Spenden im Internet. Trotzdem glaube ich noch, dass wir erfolgreich darin sein werden den Saran-Wald zu retten, mit all seinen majestätischen Bäumen, Wasserfällen, Rafflesia-Pflanzen und all dem was ein intakter Regenwald zu bieten hat. Und ich glaube fest daran, dass unsere Arbeit mit den Orang-Utans und der Bereitstellung von kleinen Ansatzpunkten für die lokalen Menschen für eine bessere Ökonomie, hilft. Auf alle Fälle hilft es, indem es ihnen Hoffnung gibt und ihnen zeigt, dass wir sie nicht alleine lassen, und dass wir versuchen ihnen eine Stimme zu geben. Es stärkt ihren Kampfgeist, damit sie ihre Wälder und ihre Zukunft nicht aufgeben.

Willie Smits
 
Januar 2014
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