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Das Unrecht an den Dajak

Das Unrecht an den Dajak


(Hier der Blog als pdf Dokument: Unrecht-an-den-Dajak.pdf)

3.Juli 2010

Ich wache nach 7 Stunden Schlaf auf. Der Palmwein half die Hitze, das quietschende Bett und die extrem dünne Matratze zu ertragen. Aber ich habe ein Zimmer für mich alleine, wie auch Pater Maessen. In den anderen Zimmern schlafen mehr als 50 Menschen zusammen, und ich bin sicher, es ist ganz schön warm da drinnen. Ich sollte also am wenigsten Grund haben, mich zu beklagen. Ich hoffe, dass ich die Erwartungen der einheimischen Dajak heute erfüllen kann. Das Abendessen letzte Nacht und das Treffen waren sehr anstrengend. Verschiedene Male habe ich gemerkt, wie meine Knöchel weiß wurden, weil ich meinen Ärger zurückhalten musste…

Letzte Nacht beim Abendessen sind auch mehrere Priester angekommen. Auch Yosep Lejo war hier. Dann kommt pak Basah und setzt sich zu uns, ein ca. sechzig Jahre alter Dajak, der sein Alter nur ungefähr weiß, obwohl ich mir sicher bin, dass irgendein erfundenes Geburtsdatum in seinem Pass steht. Bald kommt auch Victor, ein anderer Anführer des Mendalam Stammes. Erst jetzt zeigen sie, was sie erwarten… Sie wollen, dass Yosep und ich ihnen Mut zum Kämpfen geben. Sie wollen von mir hören, warum unsere Umwelt so wichtig ist und wie sie sie erhalten können. Dies ist ihr Treffen, nicht wieder eines von denen, die irgendwelche NGOs organisieren. Wo sie gut zu essen und zu trinken bekommen und für die Anreise bezahlt werden. NEIN!!! Sagt pak Basah. DIES IST IHR TREFFEN! Die lokale Bevölkerung will es, und jeder bringt 10 kg Reis, wird 10.000 Rupien bezahlen und auch für die eigene Anreise sorgen. Dieses Mal will die Bevölkerung vor Ort, dass etwas geschieht! Wir wollen einen Wandel, und wir müssen es selbst machen. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass uns andere helfen werden: denn dann wird nichts geschehen und wir wurden schon so oft getäuscht! Ich bin so berührt, ich kann kaum meine Tränen zurückhalten… Es scheint, dieses Mal geht es wirklich um den Überlebenskampf der Dajak, und diese Stämme sind bereit dazu…

Beim Abendessen höre ich furchtbare Geschichten über Verrat, Manipulation und Konflikte. Wie die „Außenseiter“ versuchen, die Stämme gegeneinander aufzuwiegeln. Wie im November 2005 der Forstminister schließlich zu ihnen kam und sie ihn so glücklich und voller Hoffnung empfangen haben. Er sagte, er sei stolz auf sie, und dass er ihre traditionellen Jagdgründe und Wälder schützen würde. Die Mendalam Dajak gaben ihm ein echtes Mandau. Ein traditionelles Dajak-Schwert von großem Wert, mit echtem Menschenhaar, das benutzt wurde um Köpfe abzuschlagen. Ein paar Monate nach seinem Besuch hat ihr neuer „Freund“ ein Dokument unterzeichnet, damit die Toras Benua Sukses Holzfirma den Wald der Dajak einschlagen darf!!! Wie verraten sie sich da gefühlt haben! Landrutsche waren die Folge, ihr Lebensraum verschlechterte sich, und sie wurden weiter an den Rand gedrängt. Sie zeigen mir zwei dicke Bündel mit Dokumenten. Sie sind voll mit Briefen, mit Fingerabdrücken unterzeichnete Listen, einfachen Notizen und Bildern von Demonstrationen. Ich bitte Hardi, von jeder Seite ein Foto zu machen. Er fotografiert die Dokumente, während der Schweiß konstant von seinem Kopf tropft, als er die schwere Kamera hält.

Ich frage sie, was sie nun nach 12 Jahren ununterbrochenem Kampf erwarten. Beinahe wünsche ich, ich hätte diese Frage nicht gestellt… Die Furchen in Basah’s Gesicht werden tiefer und trauriger als die Falten, die ohnehin schon in seinem Gesicht eingegraben sind und für die Last der Jahre stehen. Ich kann die stillen Tränen in seinen Augen sehen. Wir haben es versucht, Dr. Willie, wir haben es versucht. Bald wird der Moment kommen, an dem wir keine andere Möglichkeit haben, als mit unseren Händen zu kämpfen, um unser Zuhause im Wald zu verteidigen, mit allen Konsequenzen.

Wir haben alles versucht, was man von uns erwarten kann und wir werden einfach nur weiter zurückgedrängt. Wir alle am Tisch sind still. Wir verstehen die Bedeutung und den Ernst seiner Worte…

Wäre der Palmwein nicht gewesen, ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt Schlaf gefunden hätte, auch wenn ich all die Tage vorher schon kaum geschlafen habe…

Das war es, was letzte Nacht passiert ist. An diesem Morgen bin ich bei Sonnenaufgang aufgewacht, genau um 6 Uhr und habe diesen Text geschrieben. Jetzt ist es nach 10 Uhr und die meisten der Dajak sind weggegangen, um irgendein Fußballspiel anzuschauen! Ich bin sicher, ohne den Fußball wäre es die ganze Nacht weitergegangen. So viel Traurigkeit, so viel Wut und Entschlossenheit! Es war eine erstaunliche Erfahrung für mich, wie ich sie nie zuvor gesehen habe. Diese Ehrlichkeit, manchmal brutal, aber als die ersten Erklärungen abgegeben wurden, stand einer nach dem anderen auf, und alle haben sich einem Ziel verschrieben: Nehmt eure Hände weg von unserem Wald! Der Wald ist unsere Heimat! Aber lasst es mich Euch schön der Reihe nach erzählen, was den ganzen Tag über beim Meeting so passierte.

Zum Frühstück nur frittierter Reis. Abgesehen davon, dass ich keinen Reis mehr essen kann, ist auch ein bisschen Fleisch mit drin. Ich esse also nur etwas von dem frittierten Ei. Es gibt hier nicht viele Vegetarier. Ich kann mich noch erinnern an das Langhaus in Longnah Es in Ost Kalimantan vor 30 Jahren. Da gab es immer noch Mädchen mit langen Ohrläppchen, die barbusig im Dorf herumliefen. Und am Abend das Fleisch mit den Maden, und wie ich keine andere Wahl hatte, als es zu essen, um den Gastgeber nicht zu beleidigen. Hier kann man eine Einladung zum Essen und Trinken nicht einfach ablehnen.

Das Treffen fängt mit einer Stunde Verspätung an. Die Gruppe aus Mendalam hat sich verspätet genau wie die Leute von Punan Phukat, die 24 Stunden lang den Fluss hinunter reisen müssen, um zu diesem Treffen zu kommen! Es sind nun 12 Stämme, die das Opfer gebracht haben, zum Treffen zu kommen anstatt der 5 – wirklich erstaunlich. Die Limbai, Kanjilu und Dajak Desah Stämme sind hier, die Iban, das Kanduk Volk und dann die Taman Leute aus den Kapuas und Embaloh Stämmen. Die letzten beiden Stämme sind berühmt für ihre Kenntnisse den Saft der Zuckerpalmen zu gewinnen! Überall stehen farbenfrohe Aschenbecher. Gott sei dank sorgt die offene Anlage der Räume für genügend frische Luft. Es gibt hier so viel Licht, dass man die Bilder, die der Projektor auf den Bildschirm wirft, kaum erkennen kann.

Wir fangen an! Nach einer kurzen Vorstellungsrunde werde ich gebeten, meine Präsentation zu halten. Mit unzähligen Kaffetassen und Wassergläsern erzähle ich 7 Stunden lang. Sie sind völlig still! Nicht mal ein Raucher hustet! Ich spreche über die Osterinseln und andere ökologische Katastrophen. Ich zeige ihnen, wie schlecht die Ölpalm-Plantagen angelegt sind. Zwischendurch schafft es Pater Arifin, ein Foto von den Polizei-Spionen zu machen, die hinter einer Wand lauschen! Sie sind wirklich sauer, dass wir sie gefunden haben und gehen schnell! Die Autoritäten sind besorgt über dieses Treffen der Stämme. Sie wurden eingeladen, aber niemand ist gekommen! Auch die Leute vom WWF haben sich geweigert zu kommen. Die Dajak sagen, die kommen nur, wenn die Regierung sie einlädt. Oder vielleicht haben sie Angst, dass wir hier zu diskutieren anfangen, oder welche politischen Konsequenzen das hätte? Ich fotografiere das merkwürdige Orang-Utan Poster, das sie gemacht haben und verstehe aber nicht ganz die Message, die damit transportiert werden soll.

Nach dem Vorfall mit den Spionen mache ich weiter mit meiner Vorlesung über die Zuckerpalmen. Die Leute sind erstaunt. Sie haben so viele und kennen gar nicht all die Nutzungsmöglichkeiten und Vorteile! Ich mache ihnen einen Vorschlag. Ich bringe meine patentierten Minifabriken ein, um umweltfreundlichen Palmzuckersaft lokal zu gewinnen, und sie schützen die Tiere. Sie lieben die Bilder von den tausenden Bauern auf Nord-Sulawesi. Und 2 der 10 Leute aus West-Kalimantan, die vom Bischof geschickt wurden, um meine Fabrik in Tomohon zu besuchen, erinnern sich und erzählen lebhaft ihre Eindrücke und Beobachtungen. Zuckerpalmen sind Gewinner. Eine wirkliche Alternative, die bei der Wiederaufforstung helfen und sogar Nahrungssicherheit garantieren! Endlich ein paar glückliche Gesichter!

Beim Mittagessen beantworte ich so viele Emails und mache so viele Anrufe als irgend möglich. Dann geht es weiter mit der Vorlesung bis fast 6 Uhr. Viele Fragen. Nun spricht Pater Yosep Lejo über die Rechte, die das Dorf hat. Viel mehr Fragen, und nun brechen die Emotionen aus! Ich kann euch sagen, es wird kein gutes Wort über die Regierung gesagt! Nicht über das Parlament vor Ort, den Distriktchef, den Gouverneur, oder den Minister.

Nach dem Abendessen beginnt die letzte Sitzung. Nun stehen die obersten Häuptlinge auf und machen den „curhat“, kurz für „curah hati“. Das bedeutet ausspucken, was einem auf der Leber liegt. Und sie spucken es aus… Ein Blinder namens Lander aus Data Dian sagt: „Schützt unseren Wald!“ Andere beginnen stückchenweise zu erzählen, was passiert ist. Es sind so viele Namen von Menschen, Dörfern und so viele Daten, dass es schwer ist, das Puzzle zusammen zu kriegen. Aber ich glaube, ich habe die Geschichte, was passiert ist und was beinahe zu einem Stammeskrieg geführt hätte, jetzt zusammen. Lasst es mich versuchen, denn ich denke, es ist ein sehr gutes praktisches Beispiel dafür, wie die Holzfällerfirmen die einheimische Bevölkerung austricksen, das Gesetz brechen und die Korruption ausnutzen.

Eine sehr gering angesehene Holzfällerfirma namens PT Toras Benua Sukses hatte ein Auge auf den letzten intakten Tieflandregenwald des Mendalam Einzugsgebietes geworfen. Die Firma gehört zu 10% einem Herrn Mahadi Mahmud, der anscheinend von Putussibau kommt und Präsidial Direktor ist. Dann zu 70% einem Herrn Arfin, dem Kommissär der Firma, den noch nie jemand gesehen hat, und zu 20% einem Soedarso Luslim, dem Direktor der Firma. Es gibt noch einen Ir. Firman, der die tatsächliche Arbeit in der Firma macht. Die Toras Company hat versucht ihre Idee, das Holz zu fällen, populär zu machen, aber die Mendalam-Stämme haben sich geradewegs geweigert. Der Bupati hat ihnen aber bereits durch Schreiben Nr. 522die Erlaubnis zum Holzeinschlag erteilt. Die Stämme riefen zu Demonstrationen auf, haben duzende von Briefen geschrieben, haben Anhörungen abgehalten. Überall, viele Male, und nach einer großen Demonstration ist der Forstminister mit dem Helikopter in ihrem Dorf gelandet.

Minister Kaban war sehr nett und versprach, den Wald der Mendalam zu schützen. Am 6. April 2006 jedoch hat er das Dekret 107/2006 unterzeichnet, in dem die Empfehlung des Bupati für nichtig erklärt und der Toras Company direkt die Rechte an 24.920 Hektar des Mendalam-Waldes übertragen wurden! Die Stämme waren rasend und protestierten überall, aber es war nutzlos. Einige ihrer Leute wurden ins Gefängnis geworfen, und sie bereiteten sich darauf vor, mit 500 Leuten zum Gefängnis zu gehen, um ihre Stammesführer zu befreien. Das Gefängnis war so klug und hat die Führer entlassen, bevor es zu dem unerwünschten Besuch kam. Aber ihre starke Haltung machte es der Toras Company unmöglich, einen Teich für die Baumstämme anzulegen und mit dem Holzeinschlag anzufangen. Die 6000 Leute des Mendalam-Stammes standen zusammen wie ein Mann! Kein Holzeinschlag in ihrem alten Wald, wo ihre Ahnen begraben liegen, wo sie ihre Nahrung jagen, wo der Wald die Fische in ihren Flüssen schützt.

Eine Zeitlang hörte man kaum etwas, aber dann hat die Toras Company im Stillen angefangen, das Land eines benachbarten Dorfes, Urang Nusa, zu vermessen. Die zweite Vermessungsaktion wurde von der Vize-Dorfvorsteherin bemerkt, die das Team zum neuen und noch unerfahrenen Dorfvorsteher brachte. Er ließ sie gewähren unter der Bedingung, dass sie ihm die Ergebnisse ihrer Vermessung bringen. Das ist natürlich nie passiert. Urang Nusa ist ein anderer Stamm, und sie haben über Jahrhunderte in Frieden mit dem Mendalam Stamm gelebt. In den vergangenen 30 Jahren wurde ihr ganzer Wald wiederholt eingeschlagen durch eine Vielzahl von Firmen. Jetzt gibt es keinen kommerziell ausbeutbaren Wald mehr.

Roni, ein junger Mann aus dem Dorf Martinus, der nun in Urang Nusa lebt, weil er sich dort verheiratet hat, erzählt mit bewegter Stimme, was als nächstes passiert ist. Die Toras Company ging zu ein paar Leuten im Dorf Urang Nusa und versprach, dass sie alle kostenlos Elektrizität und das Dorf 500 Millionen Rupien pro Jahr bekommen können – wenn sie erlauben, dass dort Holz eingeschlagen wird (das es im Urang Nusa Distrikt gar nicht mehr gibt)! Wow, was für ein Deal! So viele dieser abgelegenen Dörfer warten sehnsüchtig auf den Tag, an dem sie am Abend Licht haben. Und 500 Millionen ist eine Menge Geld für so ein abgelegenes Dorf. Viele Leute waren dagegen, aber 9 Personen hielten ein geheimes Treffen ab, das von einigen anderen Dorfbewohnern mitgehört wurde.

Und hier fing der Konflikt an zwischen den Stammesmitgliedern…

Einer der Dorfvorsteher und ein Teil des Dorfes unterstützten nun den Vertrag mit der Toras Company. Es stellte sich heraus, dass 5 von diesen Personen mehr als 1 Million Rupien pro Monat heimlich bekamen. Diese Leute versuchten, die anderen im Stamm zu beeinflussen. Dann kam die Company zurück, um wieder für ihren Plan zu werben, wie man dem Stamm „helfen“ kann. Die Art und Weise, wie diese Leute manipuliert wurden, ist typisch. Sie bitten die Leute, ein leeres Blatt Papier zu unterzeichnen, das abgestempelt wird. Sie würden dann den Rest einfüllen. Dann kommen sie ein anderes Mal zurück zur letzten Besprechung. Nach dem Gesetz sollte es ein Papier mit Paragraphen sein, die offen von beiden Vertrags-Parteien diskutiert werden sollen – aber nichts Derartiges geschah. Das Dokument gab es nur auf dem Bildschirm des Laptops. Und im Dekret des Ministeriums war auf einmal das Kapuas Wassereinzugsgebiet (handschriftlich!) dem Gebiet in dem der Holzeinschlag erlaubt ist, hinzugefügt!

In der entstandenen Verwirrung wurden die Leute erpresst, einfach nur das Stück Papier zu unterzeichnen. Sie hätten doch ohnehin schon dem Abkommen zugestimmt, nur nicht auf dem Dokument selbst. Es stellte sich heraus, dass der Text auf dem Dokument geändert wurde. Es gab eine Menge Leute, die was dazu zu sagen hatten mit sehr lauten Stimmen, und ich bin nicht sicher, ob ich alles verstanden habe. Es gab keine kostenlose Elektrizität mehr, wie vorher versprochen. Nun wurde jeder Familie eine einmalige „Unterstützung“ gegeben von 750.000 Rupien, um Elektrizität zu installieren. Das feine Papier besagte auch, dass sie pro Kubikmeter Holz, das Toras von ihrem Land holt, 25.000 Rupien bekommen würden. Der Trick dabei war, dass es gar kein Holz mehr auf dem Land des Dorfes Urang Nusa gab! Deswegen würde die Company die Dorfbewohner nie bezahlen, denn sie nahmen sich ja das Holz auf dem Land der Mendalam, dem Stammesland von dem sie vor Jahren so resolut vertrieben worden waren! Und jetzt, nur aus praktischen Gründen, hatten sie persönlich und völlig illegal das Kapuas Wassereinzugsgebiet dem Gebiet zugefügt, das eingeschlagen werden soll! Ein weiteres Gebiet, das off-limits war! Sie zeigten eine undeutliche Karte mit Koordinaten, die niemand der Dorfbewohner verstand. Sie schufen Verwirrung! Und es gab keine Kopien des Dokumentes, die sie im Dorf zurückließen; die Company nahm sie alle wieder mit! Dann wurde ein Generator an die Gruppe der Leute ausgehändigt, die die Lobby-Arbeit gemacht hatten und die nun anders als der Rest des Dorfes in einem schön erleuchteten Teil des Dorfes wohnten!

Jetzt fingen die Probleme erst richtig an! Der Mendalam Stamm hat gehört, dass der Urang Nusa Stamm IHRE angestammten Rechte am Wald an die Holzfirma Toras gegeben hat. Nun wurde die Situation richtig gefährlich und Drohungen wurden gegen das Dorf ausgesprochen, von dem sich die anderen Stämme verraten fühlten. In der Zwischenzeit hat die Firma keine Zeit verloren und sofort eine Straße im Wassereinzugsgebiet des Mendalam-Stammes geschlagen. Und sie zeigten eine Mappe mit Stempeln vom Forstministerium, dass ihr Holzeinschlag schon genehmigt sei. Erstaunlich!!! Ich war Mitarbeiter beim Forstministerium und weiß, sie müssen Baumschulen anlegen, den Baumbestand kartieren. All diese Dinge wurden detailiert ausgearbeitet. Hier kamen sie einfach mit den Maschinen und haben angefangen! Alles illegal, aber legal weil die Stempel da waren! Wie viel muss man bezahlen um diese Stempel zu bekommen... ? Wie sollen wir jemals in Indonesien unsere Wälder schützen, bei solchen Praktiken?

Ab diesem Zeitpunkt kann ich die Geschichte von pak Basah erzählen. Er hat mir gesagt, dass das Volk der Mendalam sich bewaffnet hat, in den Wald ging und sah, dass die neue Straße bereits bis in ihren Wald reichte! Sie haben die Holzfäller bedroht und diese waren weise genug sich zurückzuziehen. Aber sie ließen die Maschinen zurück, die von ein paar Leuten aus Urang Nusa bewacht wurden… Und es gab die Nachricht, dass 15 neue schwere Geräte zum Holzeinschlag von Pontianak aus unterwegs sind! Ich war ehrlich erstaunt, wie gut diese Stämme den ganzen Weg von Pontianak miteinander kommunizierten und Informationen mit ihren Handys austauschten. Der Mendalam Stamm machte weiter mit seinen Aktionen, mit mehr Briefen, mehr Anhörungen.

Aber das lokale Parlament, das sich aus lokal gewählten Repräsentanten zusammensetzt, tut nichts. Sie sagen, es liegt am Bupati, dem Distriktvorsteher. Als der Stamm herausfand, dass der Forstminister nach Putussibau kam, haben sie die Gelegenheit ergriffen, sich Zutritt verschafft und dem Minister ein Schreiben überreicht, in dem sie die Aktivitäten der Toras Company ablehnen. Der Minister hat nur geantwortet: „Wenn sich die Leute hier in Putussibau nicht über das Wasser beschweren, warum dann Ihr?“ Verständlicherweise wuchs daraufhin die Frustration. All diese Besuche im abgelegenen Pontianak. Sie haben sogar Geld gesammelt, damit ein paar Abgeordnete des Stammes nach Jakarta fahren konnten um sich einzusetzen – alles sinnlos. Kein Wunder, dass der arme Basah fast weinte als er sagte „Wir sind müde, wir sind sehr müde.“

Als die Abgeordneten des Stammes die Polizei baten mitzuhelfen, um den Frieden zu bewahren, machte die Polizei nichts. Sie fragten nur Roni, ob er helfen mag, den Frieden im Dorf zu erhalten. Roni antwortete, dass er das tun würde, so lange die Toras Company sich nicht zeigt. Denn wenn sie wieder kommen, könnte er für nichts garantieren. Das bringt uns zur Situation, wie sie jetzt ist. Das Stammestreffen. Wie soll man mit dem Konflikt zwischen dem Mendalam und dem Urang Nusa Stamm umgehen? Was soll man mit der Toras Company machen? Aber das Treffen wurde der lokalen Regierung verkauft als ein Treffen, um von mir etwas über die Natur zu lernen und über die ökonomischen Alternativen mit dem offiziellen Titel „Wie wir unser angestammtes Land lieben können“.

Ich bin so erstaunt, all diese Leute heute hier zu sehen bei diesem Treffen; alle haben so viel geopfert um zu kommen. Alle wollen nur etwas Respekt für ihre traditionellen Lebensweisen… Während meines Vortrages ist es totenstill, ich habe ihre volle Aufmerksamkeit. Der LCD Projektor der Kirche zeigt gelbstichige Bilder, aber die Information kommt rüber. Ich mache viele Scherze über Pater Jacques und seinen Palmwein, was die Stimmung immer etwas lockert.

Pater Jacques Maessen ist viel besser darin als ich, 12 Stunden lang am Tag im Schneidersitz zu sitzen! Genau wie diese Dajak. Sogar die Messe um 6 Uhr morgens in der kleinen, mit Dajak-Ornamenten geschmückten Kapelle wird abgehalten, während man auf kleinen Kissen auf dem Boden sitzt statt auf normalen spartanischen Holzbänken. Wenn man durch das Langhaus geht, mit all diesen leeren Räumen, ist es kein Wunder, dass Wörter für Dinge wie Stuhl und Tisch aus anderen Sprachen entlehnt wurden. In meiner Tombulu Sprache von Nord Sulawesi heißt Stuhl zum Beispiel „kadeira“ was aus dem Portugiesischen kommt.

Nun zurück zur Abendsession. Yosep Lejo spricht über ein paar Gesetze, die den Dorfbewohnern helfen sollen, aber der Ausbruch an Wut und Gefühle legt offen was sich in diesen Menschen angestaut hat! All diese Klassenunterschiede, Regeln. Auf unserem Dorf und unseren traditionellen Regeln wurde herumgetreten! Sie möchten uns verwirren, um uns zu manipulieren! Wir möchten keinen Holzeinschlag mehr auf unserem Land! Franciscus Pramono, ein Javanese, der aber schon seit langer Zeit ein Teil der Gemeinschaft im Kapuas Wassereinzugsgebiet ist, sagt „Widersteht Toras! All euer Wasser und euer Fisch wird bald weg sein!“ Ein anderer Führer steht auf und schreit: „Wir können das selbst tun! Keine NGO! Wir sind Dajak, wir teilen einen gemeinsamen Glauben, wir sind alle traurig und wütend!“ Ein älterer Temunggung, ein Dajak Kayan Häuptling namens Benjamin Sadar steht auf und sagt: „Wir sind hier geboren! Dies ist unser Land! Und wir müssen es für die nächsten 7 Generationen, die noch nicht geboren wurden, erhalten! Außenstehende, lasst eure Finger von unserem Wald! Wir brauchen ihn!“

Nun stehen die Leute des problematischen Dorfes auf, zuerst Dailan von Urang Nusa. Wir werden betrogen! Wir haben keinen Wald mehr! Sie wollen uns benutzen, um an das Holz des Mendalam-Einzugsgebiets zu kommen und es zu stehlen. Wir wollen Toras nicht! Roni sagt: „Bitte helft uns! Unser Dorf ist gespalten wegen dieser Toras Company, unser Frieden ist dahin”. Der Dorfvorsteher von Urang Nusa steht auch auf und sagt, dass er den Krieg mit den Mendalam nie wollte, und er weint als er uns von dem zerbrochenen Frieden und der Einigkeit in seinem Dorf erzählt. Alles wegen dieser unehrlichen Außenstehenden und ihrer Lügen. Nein! Genug! Wir werden uns gegen Toras wehren, diese Bastarde! Wir wollen wieder Frieden und nicht dieses Hin und Her mit all den Stämmen hier! Kein Konflikt!

Jedesmal, wenn jemand spricht, gibt es tosenden Applaus! Die Einheit ist zurück! Es herrscht wieder Frieden zwischen den Stämmen! Sie werden alle fest zusammen halten! Und sie werden es selbst tun. Einige Leute, die ich nicht nennen will, sagen Worte wie „Sie bringen uns langsam um und wir werden Blut vergießen müssen, wenn nötig! Es gibt keinen anderen Ausweg für uns.“ Kein Wunder, dass all diese Institutionen und NGOs, die eingeladen wurden, sich nicht getraut haben zu kommen. Sie müssen viel mehr gewusst haben als ich vor Ort. Aber ich bin gekommen, um ihnen zu sagen, dass das Indonesische Gesetz immer noch die traditionellen Rechte anerkennt und über die neuen Landgesetze stellt. Ich erzähle ihnen von anderen Stämmen rund um den Globus, die ihr Landrecht einforderten, von den Indianern Nord- und Süd-Amerikas bis hin zu den Aboriginies in Australien. Dass ihr Fall, sie die am Rande der Berge leben, die letzten Hüter des Regenwaldes, der durch die Ölpalmen bedroht ist, dass ihr Fall der Welt bekannt gegeben werden muss! Und dass es bessere Wege gibt um zu überleben, indem man zum Beispiel die Zuckerpalmen nutzt. Ich erzähle ihnen, sie können nicht immer auf den Fisch aus dem Meer vertrauen - hier, tausend Kilometer entfernt vom Ozean! Sie können sich nicht abhängig machen von Früchten und Gemüse, die importiert werden den ganzen Weg aus Java! Sie brauchen einen organischen Anbau hier!

Die Fußballspiele fangen um 10 Uhr an, und die meisten wollen sie sehen, aber die Anspannung und der Kampfesgeist sind so stark, dass es niemanden wirklich interessiert! Ein Team hat sich formiert, um den Aktionsplan auszuarbeiten. Ich werde gebeten mitzumachen, lehne aber höflich ab. Dies ist ihre Angelegenheit und obwohl ich es unterstütze, sollen sie weitermachen wie jetzt, durch sich selbst. Dies ist so wirklich, dass es nicht den geringsten Zweifel daran geben darf, dass dies von den Stämmen kommt und nicht weil irgendjemand von außen, einschließlich mir, sie beeinflusst. Die Glocke der Kapelle läutet.

Es ist 10 Uhr und alle Leute gehen zu den Schlafquartieren, während das Team, das ausgewählt wurde, an der Resolution für morgen arbeitet. Ich gehe zurück in meinen Raum und schreibe diesen Bericht, bin ziemlich überwältigt. Pram hat das Ganze gefilmt, die Emotionen, die blankliegen, die Tränenausbrüche, die Entschlossenheit. Ich werde einige Clips dieser beeindruckenden Dajak, die für ihren Wald aufstehen, ins Internet stellen. Ich hoffe, dass auf irgendeine kleine Art und Weise ein paar Menschen Notiz davon nehmen und uns helfen. Ungerechtigkeit ist keine Option!
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